Dieser Brief ist für
Euch, denen ich soviel zu verdanken habe. Was wäre ich gewesen ohne die gegenseitige
Inspiration, der Verbundenheit und der Freude, die ich von Euch beschert bekommen habe.
Viele von Euch durfte ich persönlich begegnen. Bei anderen habe ich sogar einige Zeit
wohnen durfen (Japan, HongKong, Brasilien). Ich bin deswegen außerordentlich stolz darauf
Euch positive Nachrichten zukommen lassen zu können.
Es ist jetzt fast 40 Jahre her als ich
bei Karlfried Graf Dürckheim (Todtmoos-Rütte) eintraf um dort zu "sitzen". Es
war eine Offenbarung für mich. Innerhalb von zwei Wochen entdeckte ich meinen inneren
Beobachter, der erste Ansatz zu meinem wahren Ich. Die Realisation: "ich bin meine
Gedanken, Emotionen usw nicht" brachte mir die erste Befreiung. Ohne Zen hatte ich
das nie realisieren können. Ich fühle mich dem Zen also ewig verpflichtet
Einige Jahre lang saß ich fünf Mal
fünfundzwanzig Minuten am Tag.....Dadurch wurde es mir klar daß der "klassische
Form" des Zen nicht den Bedürfnissen westlicher Sucher entspricht. Der Akzent liegt
zuviel auf Konzentration statt auf sich öffnen. Deswegen fing ich an das Sitzen mit einem
westlichen Verfahren - Körperbewußtsein - zu kombinieren. Dieses "fühlende
Gewahrsein" war so erfolgreich, daß ich in 1981 meine "Lebend Zenschule"
eröffnen konnte
Zehn Jahre später wohnte und arbeitete
ich als Zen-lehrer ein Jahr in Japan! Es war die Bekrönung meiner Ost-Westlichen Praxis.
Dazu kam noch daß ich inzwischen "Die Ultime Sutra" geschrieben hatte. Das half
sehr um mein "Status" als buddhistischer "Meister" zu bekräftigen.
Ich eröffnete mich für andere japanische Traditionen: den Esoterischen Buddhismus,
Jodoshinshu, Shinto und Tenrikyo....Dann entdeckte ich die japanische Pilgerwege:
Kamakura, Koyasan und Shikoku...
Lange Zeit hatte ich Europa abgelehnt.
Dies wegen seinem rasch zunehmenden Rationalismus, Materialismus, Egoismus, Relativismus,
Zynismus, diese ein-dimensionale Lebenshaltung, die ich immer verabscheut habe. Nie hatte
ich selber glauben können, daß sich unter der Oberfläche etwas Kostbares verbarg. Etwas
was uns auf einmal wieder mit anderen Völkern verbindet (statt sie auszubeuten).
Die Öffnung zur abendländischen
Spiritualität erfuhr ich durch die Parzifal bzw Grallegende. Viele Jahre habe ich mich
darin vertieft. Um zu der Schlußfolgerung zu kommen, daß sie keineswegs der östlichen
Traditionen unterlegen ist. Im Gegenteil. Die Bereicherung besteht darin, daß sie nicht
nur eine Dimension zufügt - der Gral als Kosmischer Schoß des Universums, Ursprung des
Lichts - sondern auch die Notwendigkeit der Integration von Sein und Persönlichkeit
benachdruckt....
In dieser überaus kritischen Zeit
können wir nicht mehr drum hin, daß wir nicht nur die innere Befreiung suchen, sondern
auch die Welt bedingungslos umarmen müßen. Ist die Welt nicht der Niederschlag unserer
Ignoranz bzw Egoismus? Sind deswegen innen und außen nicht zwei Seiten derselben
Medaille? Wenn wir das einsehen bzw die Verpflichtung der Welt gegenüber annehmen dann
sind wir erst richtig befreit. Es hebt den Dualismus zwischen Ich und der Welt auf! Es war
für mich der Ansatz den Großen Mutter Buddhismus zu gründen*.....
* "Ich nehme Zuflucht zur
Kosmischen Gebärmutter, Maitreya Buddha, dem Öko-Dharma und der Neuen Sangha" www.healingtheplanet.info, siehe
"Origin", siehe "Große Mutter Buddhismus"
Gerade hier kann der Westen wiederum
einen Beitrag leisten. Denn sie hat ihre eigene Bodhisattva's! Sie stammen aus der
vor-patriarchalen Zeit, als die "Kosmische Mutter"* noch verehrt wurde. Aus
Ihrer dunklen Bodenlosigkeit heraus werden sowohl das Ewige Licht als das Universum
geboren. Der Akzent liegt auf dem Licht IN der Welt, also auf einer BuddhaNatur die sich
mit der Welt verbindet.....Diese abendländische Bodhisattva's werden Grüne Männer und
Weise Frauen genannt.
* Matri Devi
(Hinduismus), Tao (Taoismus), "Leere jenseits der Leere" oder
"Nirvana" (Buddhismus), Ascherah (Kanaan, Judaismus), "MutterGottes"
(Christentum), die Sonnengöttin Amaterasu (Shinto), oder die Xibalba (Kosmische
Gebärmutter der Maya) usw.
Ja, es ist die Universelle Mutter
zusammen mit Ihrer "Kinder": der Grüne Mann und die Weise Frau, beide
göttliche Realität und dadurch "Archetypen" in unserer Seele, nach denen wir
solange gesucht haben. Denn unsere Aufgabe für diese Zeit ist nicht nur
"persönliche Befreiung", sondern das Wiederherstellen der Ganzheit auf allen
Ebenen des Daseins. Deswegen freut es mich außerordentlich einen neuen Pilgerpfad - für
"östliche und westliche Bodhisattva's" - anbieten zu können*.
* Als Ergänzung zum
"Camino de Santiago", den (noch) weitgehend christlich geprägt ist.
Wenn Sie sich die Bilder des Grünen
Mannes und der Weisen Frau anschauen, können Sie sich vorstellen, daß das europäisch
ist? Ich bin noch immer erstaunt und kann mich also gut vorstellen, daß es eine Weile
dauert bevor Ihr es wirklich glauben könnt. Andererseits haben sie klar etwas
universelles. So daß sie für jeden erkennbar sind. Ich möchte deswegen meine
persönliche kulturelle Befreiung mit Euch teilen und ein neues Plattform der
Verbundenheit schaffen....
Immanenz und Naturverbundenheit sind
immer Grundpfeiler ursprünglicher Spiritualität gewesen. Deswegen ist jetzt etwas
Gemeinsames entstanden. Europa steht in dieser Hinsicht nicht mehr isoliert in der Welt,
sondern kann seine (neue) Werte mit anderen teilen. Ich hoffe, ihr feiert mit mir und
werdet nicht lange warten mit einer neuen Form der Zusammenarbeit. Wobei wir noch sehr
viel von Euch lernen können!
Umgekehrt lade ich Euch zu dem neulich
gegründeten "Grüner Mann & Weise Frau PilgerNetzwerk" ein. Um mit eigenen
Augen die Grüne Männer und Weise Frauen bewundern zu können. Wenn östliche und
westliche Bodhisattva's sich begegnen, muß da wohl etwas Besonderes - ein Amalgam von
"erneuerbaren" Energien - entstehen!
In Verbundenheit und vielleicht....auf
Wiedersehen,
Herzlich,
Euer Bruder,
Han Marie Stiekema |